Luises Morgengymnastik findet auf dem Balkongitter statt. Sie kann auf einem Bein stehend einen Fuß von sich strecken, ohne dass sie Übergewicht bekommt und herunterfällt. Den Abflug bereitet sie lange vor. Äugt links, äugt rechts, Kopf nach vorn, Kopf zurück, bis sie die Distanz zur Landebahn ausgerechnet hat. Dann wagt sie mit wildem Flattern, Beine und Hals …
In meinem Garten ging ich bislang unbarmherzig gegen Gräser vor, aber das ändert sich gerade. Peter König, von dem ich gestern schon erzählt habe, hat mir die Augen geöffnet. Beim Spaziergang über eine Streuwiese pflückte er einen Grashalm, rieb ihn zwischen den Fingern und in die Nase stieg der Geruch von Waldmeister. Wohlriechendes Ruchgras (Anthoxanthum …
Eine Wiese als Anpassung an den Klimawandel? Peter König, Kustos des Botanischen Gartens in Greifswald, erklärt wie das funktioniert. Er zeigt mir die Karrendorfer Wiesen am Greifswalder Bodden. Dort hat man in den 1990er-Jahren 360 Hektar Grasland wieder ausgedeicht. Seitdem wird die Fläche ein- bis zweimal im Jahr überflutet. Weil das Wasser schneller kommt als es …
Das Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris) ist eine unscheinbare Pflanze. Wie bedeutsam sie ist, habe ich in Klepelshagen gelernt. Das ist das Gut der Deutschen Wildtierstiftung in Mecklenburg-Vorpommern. Es liegt in den Brohmer Bergen. Dort wo es nichts gibt als eine großartige, eiszeitlich geprägte Landschaft und wo man mit Glück 88 Hirsche auf einen Schlag dabei beobachten …
Luise spricht. Unsere Ente, die uns im vergangenen November zugeflogen ist. Als ihre Artgenossinnen in den Kochtopf wanderten, entfloh sie und landete auf dem Garagendach. Inzwischen ist sie handzahm und wartet morgens vor der Terrassentür auf ihre Ration Hühnerfutter. Maiskörner mag sie besonders gern. Mit der Futtertüte rascheln genügt und sie kommt fiepend angerannt, soweit man bei …
Der Mai ist gekommen und auf meiner kleinen Wiese tut sich was. Die ersten Pflanzenrosetten zeigen sich, aber noch sind die meisten zu klein, um sie bestimmen zu können. Eine erkenne ich sofort: die Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare). Früher war sie eine häufige Wiesenblume, heute ist sie selten geworden, weil die intensive Landwirtschaft mit ihren hohen …
Auflaufen. So nennen Landwirte es, wenn ihre Saat keimt. Wenn das Wetter mitspielt läuft sie gut auf. Meine auch. Zu den Grashälmchen gesellen sich zunehmend Blättchen. Manche zart und verästelt wie Miniaturgeweihe, Kamille vielleicht. Manche überragen fett und keck das Gras und erinnern vom Wuchs her an Kohl, andere versuchen, sich mit pelzigen Blättchen gegen …
Mitte April in Brodowin. 400 Einwohner, eine Straße, eine Kirche, ein Storchennest, umgeben von Seen und sanft gewellten Hügeln. Weiter nach Osten geht’s in Deutschland kaum. In dem Ökodorf sind Landwirtschaft und Naturschutz kein Gegensatz. Gleich nach der Wende beschlossen die Brodowiner mit ihrer LPG – der Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft – auf Bio umzusteigen. Der Ornithologe Martin Flade …
Der Wind ist eisig und weht von Nord. Die Pflaume blüht, die Schlehe auch. „Schlehenkälte“, sagt mein Vater. „Kälten“ kennt er viele: Schafskälte, wenn die Schafe geschoren werden, Weißdornkälte, wenn der Weißdorn blüht. Die kommen alle noch. Trotzdem: Auf meiner kleinen Wiese tut sich was. Vor 14 Tagen haben wir gesät. Am nächsten Tag kam der …
Anfang April. Es ist warm geworden, der Acker ist trocken, die „Klüten“ sind entfernt, endlich können wir säen. Aber wie verteilt man 5 Gramm Saat pro Quadratmeter gleichmäßig, eine Saat zudem, die aus großen bis winzig kleinen Körnern besteht? Ich erinnere mich, wie wir, als ich Kind war, Radieschen und Möhren gesät haben, nämlich mit Sand vermischt. Also kaufe ich eine Tüte feinsten Sandkistensand, 25 Kilo, keine Ahnung wie viel davon wir benötigen werden. Und ich holte mir Rat bei meinem Vater. Der hat schon das Ausharken überwacht, nun muss er den Sämann machen.
Mein Vater mit Luise
Das Schnapsglas als Helfer
Wir benötigen: Eine Schubkarre, einen großen Plastikeimer, einen mittlerer Blumenübertopf und ein großes Schnapsglas. Dann fängt er an zu mischen: drei Blumentöpfe Sand auf ein Schnapsglas Saat. Die muss vorher noch einmal richtig gut durchmischt werden, damit sich nicht alle kleinen Körner unten in der Tüte befinden. Sand und Saat werden gut durchgerührt und in die Schubkarre gekippt. Dann mischt er wieder an: drei Blumentöpfe Sand und ein Schnapsglas Saat, gut mischen und ab in die Schubkarre. Bis etwa zwei Drittel der Tüte leer sind und wir etwa 10 Kilo Sand verbraucht haben. Den Rest brauchen wir erstmal nicht. Er bleibt, um im Herbst eventuell nachzusäen.
Weißer Sand auf schwarzem Grund
„Das macht man so“, mein Vater klemmt sich den Eimer unter den linken Arm und streut, die Finger leicht gespreizt, mit leichtem Schwung Sand und Saat auf den Acker. Dabei stellt sich ein weiterer Vorteil der Methode heraus: Man sieht, wo man schon gesät hat, weil der weiße Sand sich auf dem schwarzen Boden gut abhebt. Dann bin ich an der Reihe. „Das macht man mit bloßen Fingern“, kriege ich zu hören, als ich mit Gartenhandschuhen in den Eimer greifen will. Und in der Tat: Man muss den kühlen, feuchten Sand spüren, um ihn gut auszustreuen. Am Ende harken wir alles noch einmal ganz leicht glatt. Nicht zu stark, denn die meisten Pflanzen brauchen Licht zum Keimen. Nun hoffe ich, ganz gegen meine Natur, auf ein regenreiches Frühjahr, denn der Acker muss sechs Wochen feucht sein. Übrigens hat uns Luise ein Eis vor die Haustür gelegt.
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