Sie sind plump. Sie sind schwerfällig. Sie schillern unübersehbar in Blau und Lila. Kaum zu glauben, dass ein solches Tier in der Natur eine Überlebenschance hat. Nicht einmal fliegen kann der Violette Ölkäfer (Meloe violaceus). Er ist vor allem im Mai unterwegs, weshalb er den Spitznamen Blauer Maiwurm trägt. Das drei Zentimeter lange Weibchen, das sich über den Acker müht, hat den Hinterleib zum Bersten voll mit Eiern, die sie im warmen Frühlingsboden ablegen wird. Viel Mühe muss sie sich dabei nicht machen. Bei bis zu 10.000 möglichen Nachkommen hat die Natur eine gewisse Schwundrate schon eingerechnet.

Per Huckepack ins Nest

Aus den Eiern schlüpfen nach etwa einem Monat winzige Larven. Die krabbeln auf Blüten und warten dort auf Wildbienen. Mit ihren Klauen heften sie sich an deren Beine und lassen sich ins Nest tragen. Ölkäfer sind Parasiten. Im Wildbienennest angekommen, lassen sie sich darin nieder, fressen zunächst das Ei und dann den Pollenvorrat auf und machen sich dann auf die Suche nach weiteren Wildbienennestern, um sie auszuräubern. Das funktioniert allerdings nur bei Solitärbienen. In einem Hummelnest oder Bienenstock würden die Larven getötet.

Giftmörder und Lustmolche

Ihre auffällige Erscheinung kann die Käferdame sich leisten, denn sie ist giftig. Sie produziert das Gift Cantharidin, dass sie auch bei Berührung ausscheiden kann. Cantharidin wurde früher für Giftmorde verwendet. Außerdem wurde dem Stoff eine potenzsteigernde Wirkung nachgesagt. Von Livia Drusilla, der dritten Frau von Kaiser Augustus, heißt es, sie habe die Droge dem Essen von Mitgliedern der kaiserlichen Familie beigemischt, um sie zu sexuellen Ausschweifungen zu animieren, um die Informationen später zur Erpressung zu nutzen.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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