Gibt es das, pinkfarbene Wilde Möhren? Daucus carota, so heißt die Pflanze bei Botanikern, blüht in der Natur weiß mit dem typischen schwarzen Punkt in der Mitte der Blüte. Er sieht aus wie ein Insekt und nennt sich Anthocyanpunkt. Den hat auch die neue Pflanze in meinem Garten.

Beweis Nr. 1: Die Blüte hat einen dunklen Punkt in der Mitte, typisch für die Wilde Möhre.

Er ist nur nicht so gut zu erkennen wie in den weißen Blüten der Wilden Möhre, weil der Farbkontrast weniger stark ist.

Wilde Möhre „wild“: Bei der weißen Blüte ist der dunkle Punkt in der Mitte ziemlich groß.

Anthocyanpunke sind wie Gäste, die in einem ansonsten leeren Restaurant am Fenster sitzen: Lockvögel. Schaut her, hier ist es lecker. Es lohnt sich einzutreten, bzw. die Blüte zu besuchen. Die pinkfarbige Variante – oder sollte ich sie lieber altrosa nennen – blüht zum ersten Mal in meinem Garten. Es könnte sich um einen Abkömmling einer Züchtung mit dem Namen „Dara“ handeln. Vielleicht wächst sie irgendwo in Nachbars Garten. Vermutlich hat ein Insekt eine meiner weißen Pflanzen mit den Pollen der Züchtung befruchtet. Die erste Blüte hat schon den für die Wilde Möhre typischen Samenstand gebildet, der an ein kleines Vogelnest erinnert.

Beweis Nr. 2: Die vielen kleinen Einzelblüten der Dolde bilden für die Samenreife ein kleines Vogelnest.

Einerseits ärgert es mich, dass die Menschen nichts so lassen können, wie die Natur es bestimmt hat. Andererseits: Hübsch ist die Neue in meinem Garten schon. Ich werde die Samen sammeln und wieder aussäen. Wie ihre weiße Schwester braucht sie offenen Boden und mag es warm und trocken. Es lebe die Vielfalt!

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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