Die Weidenblüte, das habe ich schon als Kind gelernt, ist wichtig für Bienen. Damals waren unsere Hausbienen gemeint, denn mein Vater hat geimkert. Als Kind durfte ich deshalb keine Weidenzweige pflücken. Ihre Blüten waren für unsere Bienen reserviert, denn sie gehören nach dem Winter zu ihren ersten Futterquellen. Inzwischen weiß ich, dass die Blüten für die Wildbienen noch viel wichtiger sind. Lange glaubte ich, dass Weiden nur eine Art von Blüten haben – Kätzchen mit langen gelben Fäden.

Dann lernte ich, dass Weiden zweihäusig getrenntgeschlechtig sind. Das heißt, es gibt männliche, Pollen tragende Pflanzen, und solche mit ausschließlich weiblichen Blüten. Die weiblichen sind grau und unscheinbar. Deshalb habe ich sie all die Jahre übersehen. Attraktiv für Insekten sind sie trotzdem, das zeigt die Hummel auf dem Foto. Das Lockmittel der weiblichen Blüten heißt Nektar pur und Nektar satt.

Bienen brauchen beides: Nektar, also Zucker, als Energielieferant für sich selbst, und Pollen, also Eiweiß, um den Nachwuchs zu ernähren. Die Weiden locken mit beidem. Die leuchtend gelben männlichen Kätzchen bieten viel Pollen und wenig Nektar, die weiblichen hingegen sind Nektar-Bomben. Die Bienen fliegen zuerst die attraktiveren männlichen Kätzchen an. Nachdem sie dort Nektar getankt haben, fliegen mit Bauch und Beinchen voller Pollen zu den weiblichen Blüten. So ist Nachkommenschaft gesichert – bei den Weiden und bei den Bienen.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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