Plötzlich sind die gelben Blüten überall im Garten. Ob Beete oder Rasen, alles hat das Scharbockskraut (Ficaria verna, bzw. Ranunculus ficaria L.) überwuchert. „Viel zu unordentlich“, flüstert meine rechte, für das Emotionale zuständige Hirnhälfte. „Super-Food für Insekten“, murmelt die andere, die für das Analytische zuständig ist. Beide haben Recht. Ich muss ich mich dem Garten zuwenden. Der Winter war warm, die Arbeiten beginnen entsprechend früher: Giersch entfernen, Beete wieder sichtbar machen, Vertrocknetes wegnehmen.

Wenn das Scharbockskraut in voller Blüte steht, sollte man seine Blätter nicht mehr essen.

Das Scharbockskraut ist das kleine Übel. Es gehört zu den frühjahrsgrünen Pflanzen. Nach der Blüte vertrocknet es und verschwindet. Nur kleine braune Knöllchen im Boden verraten seine Anwesenheit. Aus ihnen sprießen die Pflänzchen im kommenden Jahr. Im Mittelalter hielt man die Knöllchen für Getreidesamen und nannte sie Himmelsbrot. Die Menschen dachten, sie seien vom Himmel gefallen, und verarbeitete sie getrocknet zu Brot. Gesund war das nicht. Die Knöllchen enthalten des Pflanzengift Protoanemonin, so wie auch die Blätter. Ganz jung kann man die Blätter essen. Sie enthalten viel Vitamin-C. Scharbock, oder Skorbut, war im Mittelalter gefürchtet. Wie viele Giftplanzen hat auch das Scharbockskraut ein Janusgesicht.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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