Meine Pilze regen sich nicht, zumindest nicht sichtbar. Ihr Bestreben, sich zu vermehren, also Hüte mit Sporen zu bilden, spielt sich im Dunkeln ab. Hoffentlich ist es ihnen bei mir warm genug und ich habe ihr Myzel nicht mit zu viel Wasser ertränkt. Draußen ist die letzte Frostnacht vorüber. Der Himmel ist grau statt blau. Als Erinnerung bleiben zwei Fotos von Eisblumen aus unserem einfach verglasten Gartenhaus. Eisblumen sind kristallisierte Luftfeuchtigkeit. Sie beginnen an kleinen Unebenheiten oder Verschmutzungen der Scheibe, z.B. Staubpartikel, Spinnweben oder entlang der Reste eines Tropfens, der in unserem Gartenhaus die Schreibe herunter geronnen ist.

Eisblumen bilden unterschiedliche Formen, aber eines ist ihnen gemeinsam: Würde man sie unter dem Mikroskop anschauen, könnte man erkennen, dass ihre Verzweigungen im Kleinen denen im Großen entsprechen. Die beiden Fotos sind am gleichen Fenster entstanden. Viel hat nicht gefehlt, und das Fenster wäre vollkommen zugefroren. Inzwischen sind die eisigen Kristalle verschwunden. Eisblumen sind vergängliche Schönheiten.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

Vielleicht gefällt dir auch das: