„Alljährlich pflegen wir zu sagen, daß die Natur ihren Winterschlaf antrete…. Du lieber Gott, und das soll Schlaf sein?…. Eher möchte man sagen, die Natur habe aufgehört, nach oben zu wachsen, weil sie keine Zeit dafür hat. Sie krempelt sich nämlich die Ärmel auf und wächst nach unten…. Hier wachsen neue Stengel; von hier bis dort, in diesen herbstlichen Grenzen drängt das märzliche Leben hervor, hier unter der Erde wird das große Frühlingsprogramm entworfen.“ Karel Čapek hat mit seinem Buch Das Jahr des Gärtners, erschienen 1957, eines der schönsten Gartenbücher geschrieben. Das Zitat beschreibt exakt, worauf sich die Kandelaber-Königskerze (Verbascum olympicum) im Arboretum in Ellerhoop vorbereitet: auf den nächsten Sommer.

Ihre Blattrosette hat einen Durchmesser von 80 Zentimetern und ihre Pfahlwurzel reicht tief in den Boden. Darin hat sie die Kraft für ihre Blüte gespeichert.

Auf ihren haarigen Blättern sammeln sich Regen und Tau, die in der Sonne wie Diamanten glitzern. Kandelaber Königskerzen brauchen viel Sonne und blühen nach ein bis zwei Jahren. Ihre mehrarmigen Blütenstände – die Kandelaber – werden bis zu zwei Meter hoch. Danach stirbt die Pflanze ab und verstreut ihre Samen. Wer sie im Garten hat, kann sich auf eine neue olympische Schönheit in ein bis zwei Jahren freuen. Gut‘ Ding will Weile haben, das gilt auch beim Gärtnern.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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