Zum ersten Mal wachsen ich in diesem Jahr Kürbispflanzen in meinem Garten, nicht nur eine sondern mindestens fünf. Das war nicht geplant. „Schuld“ haben die Hühner, die im Frühjahr für drei Wochen in meinem Garten lebten. Sie lungerten ständig nach Futter. Ich hatte einen Hokkaido-Kürbis zerteilt und dachte: Vielleicht mögen sie die nahrhaften Kerne? Pusteblume. Die drei Damen verschmähten die Samen in den harten Schalen. Sie bevorzugten Sonnenblumenkerne, die schon geschält waren.

Auf der Suche nach Futter durchwühlen Hühner den Boden und graben tiefe Kuhlen für ihre Sandbäder.

Nach Abreise der Hühner füllten wir die Löcher, die sie für ihre Sandbäder gebuddelt hatten, mit Kompost wieder auf. Ihr sonniges, gut gedüngtes Stück Garten wurde wieder Rasen, bis dort Wochen später große kratzig-haarige Blätter sprossen: Einige verschmähte Kürbisssamen waren gekeimt. Seit zwei Wochen blühen die Pflanzen leuchtend dottergelb. Nur die Kürbisse lassen auf sich warten.

Eine männliche Kürbisblüte kann man am spitzen Stielansatz unter der Blüte erkennen. Rechts danaben hat sich eine Borretsch-Pflanze (Borago officinalis) eingefunden – Samen aus dem Kompost.

Ich hatte noch nie Kürbisse im Garten. Also dachte ich, meine Pflanzen sind steril, bis ich lernte: Kürbisse bilden erheblich mehr männliche als weibliche Blüten. Die männlichen tragen tief unten im Kelch einen gelben Kolben mit Pollen und fallen nach der Blüte vollständig ab.

Männliche Blüte mit Pollen-Kolben und kleinen Insekten auf Nektarsuche.

Die weiblichen Blüten kann man am besten an dem kugeligen Fruchtansatz unter der Blüte erkennen. Aus ihm wird, wenn es warm genug ist, ein schöner, großer Kürbis entstehen.

Der Fruchtknoten in der weiblichen Blüte sieht ein bisschen aus wie eine geballte Faust.

Bienen, Hummeln und andere Insekten versenken sich auf Nektarsuche gierig in allen Blütenkelchen. Die Befruchtung in meinem Garten müsste also gesichert sein.

Der Fruchtknoten der weiblichen Blüte erinnert an eine geballte Faust.

Wer nur eine Pflanze im Garten hat, sollte auf die Blüten mit Fruchtknoten achten. Nicht immer öffnen sich männliche und weibliche gleichzeitig. Um sicher zu ernten zu können, kann man bei der Befruchtung mit einem kleinen Pinsel nachhelfen. Dazu streift man den Pollen einer gerade verblühten Blüte ab und überträgt ihn auf den Stempel. Mit Glück funktioniert es. Ich habe inzwischen eine weitere weibliche Knospe entdeckt. Wenn der Sommer lang, warm und trocken bleibt, kann ich im Herbst Kürbisse ernten. Die überzähligen männlichen Blüten werden verarbeitet: im Salat, als Linguine ai Fiori die Zucca (Linguine mit Kürbisblüten) oder gefüllt mit Ricotta oder Fisch.

Eine nächste weibliche Knospe bereitet sich auf die Blüte vor. Mal schauen, wie viele es noch werden.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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