Tristesse allerorten. Niemand auf der Straße, keine fremden Autos, die von Besuchern zeugen, nichts. Alle im Corona-Muspott. Um 15 Uhr bricht die Dunkelheit herein. Fast alle Bäume haben ihr Laub abgeworfen. Zuvor haben sie ihren Blättern alles entzogen und in ihren Wurzeln gespeichert, was sie für den Winter und das kommende Jahr nutzen wollen. Einzig die Korkenzieher-Hasel (Corylus avellana ‚Contorta‘) trägt noch ein paar gelblich-grüne Blätter.

An den Löchern in den Blättern lässt sich erkennen, dass die „Abfall-Verarbeitung“ schon begonnen hat. Pilze und Bakterien, Asseln, Milben, Springschwänze oder Hornmilben fressen an ihnen herum. Viele der Tiere sehen absonderlich aus und sind so klein, dass man sie mit dem bloßen Auge kaum erkennen kann, wie er Springschwanz (unten). Ich habe ein stark vergrößertes Exemplar in der Ausstellung Die dünne Haut der Erde – Unsere Böden der Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde fotografiert.

Die Blätter, die ich als Winterschutz auf das Blumenbeet geworfen habe, verfärben sich erst braun, dann schwarz. Bis zum kommenden Frühjahr hat die Klein- und Kleinstlebewesen-Armada sie vollständig zersetzt und in den Boden eingearbeitet. Die Natur sorgt dafür, dass alles wieder verwertet wird. Ach wären wir Menschen doch auch dazu im Stande!

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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