Der goldene Oktober fiel dieses Jahr aus. Zumindest in meinem Garten. Die Blätter machten sich ohne Herbstleuchten davon. Schwer vom Regen segelten vom immer grauen Himmel und begannen sogleich zu vermodern. Nur die Rotbuchenhecke (Fagus sylvatica) versucht es mit etwas braun-gelbem Herbstleuchten (Foto oben). Ihre Blätter bringen ein letztes Feuer in meinen Garten. Die Rotbuche ist der Baum des Jahres 2022. Sie wird bis zu 30 Meter hoch, allerdings erst nach hundert Jahren. Ganz so alt ist meine Hecke noch nicht, vielleicht 60 oder 70 Jahre. Jedes Frühjahr begeistert sie mich mit ihrem weichen Grün (Foto unten) und ist stets bestrebt, uns über den Kopf zu wachsen.

Viele Gartenbesitzer wollen deshalb keine Buchenhecke mehr. Man muss sie jedes Jahr schneiden. Im Winter ist sie braun, weil sie ihr Laub erst gegen Ende des Winters abwirft. Stimmt alles und ist doch kein Grund, auf diese heimische Baumart zu verzichten. Die Buchenhecke bietet vieles gleichzeitig: Sie fördert die Artenvielfalt im Garten, bietet Windschutz und speichert CO2. Unzählige Insekten leben das ganze Jahr über in ihrem dichten Blattwerk – Futter für die Gartenvögel. In meinem Garten ist die Hecke in den kommenden Monaten Lieblingsaufenthaltsort der Hausspatzen (Passer domesticus). Jeden Tag scheinen sie in der Hecke lange Unterhaltungen zu führen, bevor sie zu festgelegten Zeiten die Futterstelle aufsuchen.

Die Buchenhecke hat weitere Liebhaber, wie das Foto oben zeigt. Eichhörnchen und manchmal auch Krähen nutzen sie, um dort ihr Winterfutter zu verstecken. Die Krähen bringen Walnüsse und legen sie zwischen den dichten Zweigen ab. Die Eichhörnchen verbuddeln Haselnüsse am Fuß der Hecke. Wenn sie die Nuss nicht wiederfinden, wird daraus ein Haselstrauch. Der bleibt länger grün als die Buche und wächst auch schneller. Da hilft nur eins: Ihn mit einer Astschere – das sind die mit den langen Griffen – ganz unten kappen. Dann ist zumindest für ein Jahr Ruhe.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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