Er ist bei uns eine der häufigsten Wildpflanzen. Im Garten gilt der Spitzwegerich (Plantago lanceolata) als Unkraut. Aber mal Hand aufs Herz? Ist er aus der Nähe betrachtet nicht eine Schönheit? Wie das Tutu einer Ballerina sind die Staubbeutelchen um den Blütenstand herum angeordnet. Wenn ich sie auf meiner kleinen Wiese anstupse, entlassen sie eine kleine gelbe Wolke aus Pollen.

Heilmittel für innen und außen

Spitzwegerich ist eine alte Heilpflanze. Die Blätter, zerrieben und auf die Haut aufgetragen, helfen gegen juckende Insekten- und Brennesselstiche. Tee aus Spitzwegerich ist ein bewährtes Hausmittel gegen Husten, weil er den Schleim löst und den Hustenreiz lindert, weshalb die Pflanze an manchen Orten auch Lungenblattl heißt. 2014 war sie sogar „Arzneipflanze des Jahres.“

Aus Europa in die Welt

Einst gab es ihn nur in Europa, inzwischen ist er fast weltweit verbreitet. Wo sich Europäer aufmachten, um neue Kontinente zu erobern, hatten sie den Spitzwegerich als Heilpflanze im Gepäck. Im feuchten Zustand werden die Samen des Spitzwegerichs klebrig und bleiben an den Füßen von Tieren oder den Schuhen von Menschen hängen, die sie so verbreiten. Die amerikanischen Ureinwohnern nannten ihn deshalb „Fußtritt des weißen Mannes“. Im Indogermanischen bedeutet die Endung „-rich“ König oder Herrscher. Der Wegerich ist also der Herrscher der Wege. Bei mir ist er um diese Zeit der Herrscher meiner kleiner Wiesen.

 

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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