Dauerregen motiviert nicht zur Gartenarbeit. Aber wenn „Liegelts Butterbirne“ in die Erde soll, muss es sein. Schließlich ist der Herbst bis zum Frost eine gute Pflanzzeit. Der Baum kann sich dann den Winter über an seinen neuen Standort gewöhnen und neue Wurzeln bilden. Die alten wurden ihm – es handelt sich um Wurzelware – brutal gekappt, wie auf dem Foto gut zu erkennen ist.

Die Sorte ist sehr alt. Es gibt sie nachweislich seit 1650. Sie soll auch eine der „wohlschmeckendsten Winterbirnen“ sein, „leicht würzig riechen“, „sehr saftig“ und „delikat süß“ sein, so die Baumschule Horstmann, wo ich das Bäumchen gekauft habe. Ende September/Anfang Oktober sind die Früchte pflückreif und sollen sich bis Januar halten, daher die Bezeichnung Winterbirne. Das kleine Bäumchen könnte, man mag es nicht glauben, bis zu fünf Meter hoch werden.

Wir haben ihm einen geschützten sonnigen Platz gesucht, ein Loch gegraben, das tiefer ist als die Wurzeln, unten in das Loch Komposterde gefüllt, dann das Bäumchen eingesetzt, das Loch mit Kompost und Erde aufgefüllt, die Erde festgetreten und alles gut gegossen. Das Festtreten sieht brutal aus, muss aber sein, damit die Würzelchen möglichst viel Kontakt zum Boden haben und der Baum fest steht. Wichtig ist, dass die Veredelungsstelle sich über dem Boden befindet.

Mit den Wurzeln verankert sich das Bäumchen nicht nur im Boden. Die Wurzeln sind auch die „lebendigsten Organe im Pflanzenkörper“, schrieb der Biologe Raoul Heinrich Francé 1907 in seinem Buch Sinnesleben der Pflanzen. Das gilt vor allem für die Wurzelspitzen, von denen mein Bäumchen nur noch wenige hat. Die Spitze dreht sich „langsam, doch ständig im Kreise und schraubt sich so förmlich in den Erdboden ein“, immer auf der Suche nach Wasser und Nahrung. Jedes „Erdkrümchen in ihrer Umgebung“ tasten Wurzeln ab, so Francé. Mein Bäumchen wird den Winter über Hilfe brauchen. Ich muss es immer mal wieder gießen, damit es an seinem neuen Standort überlebt und wir möglichst bald leckere Winterbirnen ernten können.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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