Bzzzz! Der Ton klingt hell und aufgeregt. Er kommt aus einer Mohnblüte. Unter dem tiefdunklen Pollenkranz des Türkischen Mohns (Papaver orientale) wühlt etwas angestrengt im Kreis. Dann wird es kurzzeitig still. Eine Erdhummel taucht auf und braust – nun mit tiefem Hummel-Brummen – davon.

Eine Hummel tief unten in einer Blüte des Türkische Mohns (Papaver orientale)

Zum ersten Mal habe ich das Geräusch in den Blüten meines Wald-Scheinmohns (Meconopsis cambrica) gehört: Mit einem hellen Summton tobte sie im Kreis um den Fruchtstand herum, mitten durch die gelben Antheren, die Staubbeutel, mit den Pollen. Der helle Summton ist Programm: Die Hummel macht Vibrationssammeln. Dazu erzeugt sie mit ihrer Brustmuskulatur Vibrationen. Beine oder Flügel hält sie dabei still. Mit diesen Vibrationen schüttelt sie Pollen aus den Staubbeuteln.

Eine Hummel besucht den Wald-Scheinmohn (Meconopsis cambrica)

Inzwischen weiß ich: Hummeln machen das bei all meinen Mohnsorten. Eine mögliche Erklärung: Blütenstaub ist kostbar. Der Blick in eine Mohnblüte zeigt: Die Pflanze hat viel Aufwand betrieben, um den dicken Fruchtknoten und den Kranz von Staubbeuteln zu produzieren. Also bekommt den Pollen nur, wer dessen würdig ist, und würdig heißt in diesem Falle: Wer wie die Hummeln für Befruchtung sorgt.

Eine Hummel im Islandmohn (Papaver nudicaule)

Türkische Mohn (Papaver orientale)

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

Vielleicht gefällt dir auch das: