Die Winterstürme haben ordentlich an den Bäumen im Garten gerüttelt. Es ist wie ein Frühjahrsputz. Was tot ist, fällt herab. Auch unser Bienenbaum (Tetradium daniellii) hat einen Ast verloren. Vermutlich ist er schon länger tot, denn aus seiner Borke wachsen kleine gelbe Öhrchen. Den Pilz habe im Dezember 2017 das erste mal in meinem Garten entdeckt. Ich vermute es ist ein Goldgelber Zittling (Tremella mesenterica). Damals wuchs er auf einem abgestorbenen Stück Korkenzieher-Hasel (Corylus avellana ‚Contorta‘).

Die Natur funktioniert in ständigem Austausch: Leben für Leben, ein unendlicher Kreislauf. In diesem Falle heißt der Austausch Goldgeber Zitterig „frisst“ Rindenpilz, also quasi einen Artgenossen, so wie ein Löwe eine Antilope, ein Wolf ein Reh oder ein Mensch einen Teller mit Fleisch und Gemüse verzehrt. Wir sollten „die Zeit und das Leben als Kreislauf ansehen“, schreibt Robin Wall Kimmerer in ihrem Buch Geflochtenes Süßgras. Darin führt sie indigenes Wissen über die Welt der Pflanzen und wissenschaftliche Fakten zusammen. Tiere und Pflanzen sind unsere Verwandten. Wir sollten ihnen mit Dankbarkeit begegnen, nur so viel von ihnen nehmen, wie wir benötigen und sie mit Liebe und Fürsorge behandeln.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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