Gestern habe ich sie zum ersten Mal bewusst wahrgenommen: weibliche Weidenkätzchen. Sie sind die unscheinbaren Partnerinnen der männlichen Blüten mit ihren langen gelben Staubblättern. Im Garten haben wir wegen der Bienen nur männliche Weidenbäume, weil sie schon früh im Jahr Nektar und vor allem Pollen, also Eiweißnahrung, für den Bienen-Nachwuchs liefern.

Leuchtend gelb, bescheiden grau

Die weiblichen Blüten habe ich auf einem Spaziergang entdeckt. Die weibliche Weide stand direkt neben einer männlichen. Weiden sind eingeschlechtlich zweihäusig. Das heißt, es gibt männliche und weibliche Bäume. Erstere locken mit ihren Pollen leuchtend gelb, die anderen blühen bescheiden grau. Die Bienen fliegen trotzdem beide Blüten an, denn beide produzieren Duftstoffe, die Insekten anlocken, allerdings nacheinander. 

Die richtige Reihenfolge entscheidet

Vor die Wahl gestellt, welche Blüten sie zuerst anfliegen, entscheiden die Bienen sich für die leuchtend gelben – männlichen – Blüten, wie ein Forscherteam die Ökologisch-Botanischen Gartens der Uni-Bayreuth herausgefunden hat. Wenn sie dort ihren Bedarf gestillt haben, besuchen sie die ebenfalls lecker duftenden weiblichen und hinterlassen ganz nebenbei den Pollen für die Befruchtung. Evolutionär sorgt auch Zurückhaltung für Erfolg.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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