Mein Silberblatt wird angenagt. Nicht von den Raupen des Aurorafalters, wie ich gehofft hatte, sondern von denen des Kohlweislings (Pieris brassicae). In den 1960er Jahren war es die Aufgabe von uns Kindern, die Raupen vom Kohl zu sammeln, der Lieblingsspeise dieser Raupen. Damals hatten die Familien noch Gemüsegärten und das Absammeln (und Umbringen) sollte sicherstellen, dass es genug zu ernten gab.

Mörder im Körper

Es gab sogar eine Schlupfwespe (Cotesia glomerata), die ihre Eier in die Raupen legte. Die Raupen lebten munter weiter, nicht ahnend, dass sie in ihren Körpern ihre zukünftigen Mörder miternährten. Wenn die Kohlweislings-Schlupfwespenlarven ausgewachsen waren, verließen sie die Raupe und verpuppten sich neben ihrem sterbenden Wirt.

Fette Beute

Vorbei die Zeiten des Raupen-Überflusses, als sogar Schlupfwespen von ihnen leben konnten. Heute freue ich mich über jede Kohlweislingsraupe im Garten, auch wenn sie mangels Kohl meine Blumen frisst. Allerdings war meine Raupen-Freude von kurzer Dauer. Schon am Morgen nach ihrer Entdeckung waren sie verschwunden. Vermutlich hat ihnen ein Nachtjäger ihnen den Garaus gemacht. Schließlich sind sie in Zeiten von Insektenmangel eine ausgesprochen fette Beute.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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