Der August war kein Gartenmonat. Kalt, fast jeden Tag Regen, kaum etwas zu beobachten, oder doch? An einem trocknen Tag fielen mir grüne Kügelchen auf unserer Gartenliege auf. Noch während ich sie anschaute rieselte es weiter grüne Kügelchen.

Ich blickte nach oben und sah kahle Zweige in den Himmel ragen. Die etwa fingerlangen „Übeltäter“ hatten einen behaarten Körper, einen schwarzen Kopf, schwarz-gelbe Streifen, und sie waren systematisch vorgegangen.

Sie hatten die Weidenzweige gemeinschaftlich von oben nach unten abgefressen. Jede Raupe verarbeitete „ihr“ Blatt, von dem sie erst die eine dann die andere Seite fraß. Nur die Mittelrippe ließen sie stehen. Das war Montag. Heute morgen waren alle Raupen weg. In meinem Schmetterlingsbuch mit wunderschönen Zeichnungen – Manfred Koch Wir bestimmen Schmetterlinge (1984) – habe ich die Raupen gefunden (Nr. 166).

Es sind die des Mondvogels (Phalera bucephala), einem Nachtfalter, der aussieht wie ein abgebrochener Ast. Das Buch entstand, als es noch keine digitale Fotografie gab und der Autor für die Illustration auf Präparate zurückgreifen musste – was für ein Aufwand!

Die Falter fliegen bis Juli. Ihre Raupen verpuppen sich in der Erde. Der Mondvogel gehört nicht zu den geschützten Arten. Allerdings sind inzwischen fast alle Schmetterlinge so selten, dass ich mich über jede Raupe freue. Die Weide wird sich erholen.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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