Seit ich diesen Garten kenne, blühen darin kurzstielige gefüllte Narzissen. Ich vermute, es handelt sich um die alte Sorte Rip van Winkle. Mit ihren Wirbeln aus spitz zulaufenden Blütenblättern erinnern die Blüten an ihren Namensgeber, eine Romanfigur des US-Schriftstellers Washington Irving. Rip, ein Siedler in den Bergen New Yorks, fiel in einen 20jährigen Zauberschlaf, verpasste den Unabhängigkeitskrieg der britischen Kolonien auf dem amerikanischen Kontinent und wachte in den Vereinigten Staaten wieder auf – mit wirren Haaren und Zottelbart. Deshalb taufte der irische Pflanzenzüchter und Narzissen-Sammler William Baylor Hartland (1863-1912) diese Art auf den Namen des Langschläfers.

Gefüllte Narzisse Rip van Winkle

Hartland hat sie als erster 1885 in seinem Katalog Ye Original Little Booke of Daffodils erwähnte. Er wünschte Rip van Winkle in seinem „Kleinen Narzissen-Buch“ eine weite Verbreitung in „England, Frankreich und auf den Kanalinseln“. Schottland hingegen hielt er für zu kalt. Dass sie seit Jahrzehnten in einen Garten in Schleswig-Holstein lebt, dass sie eisige Winter und Kahlfröste überlebt hat, hätte ihn sicher gefreut.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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