Gerade mal gut einen Monat ist es her, da herrschten bei uns noch 30 Grad und mehr. An einem Morgen am Busbahnhof in Halle fotografierte ich diese Wegwarte (Cichorium intybus) im Morgenlicht. Erst beim genauen betrachten des Fotos zu Hause entdeckte ich, dass ein Insekt – vielleicht ein Schmetterling – auf dem Stängel seine Eier abgelegt hatte. Welcher Falter das sein könnte, ist schwer herauszufinden. Schmetterlingsexperte Knud Schulz aus Hamburg, meint es könne vielleicht der Distelfalter sein.

Du machst mich nicht platt

Die Gemeine Wegwarte, wie ihr Name vollständig lautet, gehört zu den Überlebenskünstlern im Pflanzenreich. Mit ihrer mächtigen Wurzel gräbt sie sich in die härtesten Böden ein und verträgt lange Trockenheit. Sie wächst und blüht auch dann noch, wenn sie immer wieder platt getreten oder plattgefahren wird. In Hessen hieß sie Schmärblomm, weil an ihr das Wagenfett hängen blieb. Schöner ist der Name Sonnenbraut oder Sonnenwirbel, weil ihre Blüte sich immer zur Sonne dreht. Allerdings geht sie gegen Mittag schon wieder schlafen.

Zichorie statt Kaffee

Der latenische Name cichorium deutet auf zwei weitere Verwandschaften hin. Zum einen mit dem Chicorée, der aus der Wegwarte entstand, zum anderen mit dem Zichorienkaffee, den viele heute noch als Caro-Kaffee kennen. Friedrich der Große ließ für die einheimische Kaffee-Produktion große Zichorienfelder anlegen, die Einfuhr von „richtigem“ Kaffee hingegen belegte er mit hohen Steuern. Dem Kaffee hat’s nicht geschadet und der Zichorie wenig genützt. Ihre blauen Blüten warten viel zu selten am Wegesrand.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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