Die Landwirte unterscheiden zwischen Gräsern, die ihnen nützen und unerwünschten Gräsern, die zu wenig Ertrag liefern oder vom Vieh gemieden werden. Letztere nennen sie „Ungräser“, und um sie zu bestimmen gibt es sogar ein App, verbunden mit dem Hinweis, mit welchen Pflanzenschutzmitteln man sie am besten bekämpft. Auf meiner Wiese sind alle willkommen, Gräser und Ungräser.

Gefährdete Spezies

Gräser sind nicht immer einfach zu bestimmen. Mir hilft es, dass ich weiß, welche ich ausgesät habe, zum Beispiel das Wiesen-Kammgras (Cynosurus cristatus), ganz rechts. Seine Ähren sind ganz säuberlich wie an einem doppelseitigen Kamm angeordnet. Es ist ertragsarm und gilt in einigen Bundesländern als gefährdet. Die Ähren des Wiesen-Rispengrases (Poa pratensis), zweites von rechts, erinnern an einen zerrupften Tannenbaum. Das wertvolle Futtergras und wird sehr häufig auf Weiden ausgesät.

Vielfalt statt Futterwert

Mir ist der Futterwert meiner kleinen Wiese egal. Mir geht es um Vielfalt, eine Vielfalt, die noch vor 60 Jahren selbstverständlich war. Zur Vielfalt gehört die Weiche Trespe oder Flaum-Trespe (Bromus hordeaceus) mit ihren dicken Ähren, links. Sie gehört zu den „Ungräsern“, weil ihre Blätter schon vor der ersten Mahd vergilben und sie deshalb keinen Futterwert haben. Auch das Wohlriechende Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) ist unerwünscht, zweites von links. Nach der Mahd duftet es nach Waldmeister, weil es eine Vorstufe des Cumarins enthält. Wer sich mit Medikamenten ein wenig auskennt weiß: Cumarin hemmt die Blutgerinnung, auch bei Nutztieren. Die wissen das und fressen es nicht.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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