Jedes Jahr überraschen sie mich aufs neue, denn kommen sie wie aus dem Nichts: meine Winterlinge (Eranthis hyemalis). Gefühlt gestern noch, war der Garten öd und leer. Heute leuchten unter Büschen, auf Beeten und dem Rasen gold-gelbe Kugeln, etwa so groß wie Dauerlutscher.

Unter jeder grünen „Mütze“ verbirgt sich eine Blüte.

Als erstes schiebt sich ein Blätterkranz durch das abgestorbene Herbstlaub. Er umfasst die Blüte wie eine wärmende Mütze. Dann öffnet sich der Blätterkranz, die goldgelbe Blütenkugel wird sichtbar und wendet sich gen Himmel.

Blätterkranz der Blüte besteht aus drei tief geschlitzten Blättern.

Meine Winterlinge haben Geduld. So lange es grau und regnerisch ist, halten sie ihre Blüten fest geschlossen. Es kommt sowieso niemand vorbei, um sie zu befruchten. Auch den Insekten ist es derzeit noch zu kalt und zu nass.

Winterlinge blühen schon im Januar, falls die Sonne scheint und die Temperatur über 10 Grad steigt.

Bei schönem Wetter öffnen sich die gelben Kugeln zu einer weiten Schale. Dann sind Winterlinge für Insekten eine wichtige Futterstelle. Im Mai reifen die Samen. Nachdem die sich verstreut haben, werden die Blätter braun, und die Pflanzen ziehen in den Boden zurück. Dort wollen sie bis zum nächsten Januar nicht gestört werden.

Bei Regen öffnen sich die reifen Samenkapseln und schleudern die Samen bis zu 40 cm weit.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.

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