Als Kind habe ich das Spiel oft gespielt: Ich suchte mir einen Gegenstand aus, ob im Wohnzimmer oder am Strand und meine Mutter musste raten: Ist es bunt, ist es groß, hat es Beine? Als nächstes war ich dran. Das Spiel hätten mein Lebensgefährte und ich am Wochenende wieder spielen können. Er sah etwas durch den Garten schaukeln, und dann war es weg. Es hatte sich unsichtbar gemacht. Bis er es mir zeigte: ein kleiner Falter, braun mit hellen Flecken, so wie das vertrocknete Blatt, auf dem er sich sonnte.

Waldbrettspiel
Gut getarnt sonnt sich das Waldbrettspiel auf dem Blatt eines Wiesen-Storchschnabels.

Meine App (Obsidentify) nennt ihn Waldbrettspiel (Pararge aegeria). Aber was sucht ein Falter, der eigentlich in lichten Wäldern lebt, in meinem Garten? ich vermute, es sind die vielen „Ungräser“ auf meiner kleinen Wiese. Die kleinen leuchtend grünen Raupen des Waldbrettspiels ernähren sich z.B. von Rispengras, Honiggras oder Glatthafer. Die Wiese wird nur zweimal im Jahr gemäht, sodass die Raupen gute Überlebenschancen haben. Ich sehe was, was du nicht siehst – am Ende habe ich den kleinen Falter auch entdeckt. Als ich ihm mit der Kamera zu nah kam, flatterte er davon.

Über die Autorin

Susanne Dohrn lebt als Autorin und freie Journalistin in einem alten Garten in Schleswig-Holstein. 2017 erschien ihr Buch „Das Ende der Natur: Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ (Ch.Links Verlag, Taschenbuchausgabe 2018 im Herder Verlag), 2019 veröffentlichte sie „Der Boden: Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel“ (Ch.Links Verlag). Im November 2020 erhielt das Buch den Salus-Medien-Sonderpreis, mit dem das Unternehmen "herausragende journalistische Beiträge ... zu Gentechnik, Ökologie und Umwelt" auszeichnet.