„Der Wind, der Wind, das himmlische Kind“ – die Samen von meinem Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) erinnern mich an das Märchen von Hänsel und Gretel. „Knusper, knusper, knäuschen, Wer knuspert an meinem Häuschen“, fragt die böse Hexe. „Der Wind, der Wind“, antworten die hungrigen Kinder. Mein Wiesen-Bocksbart liebt den Wind, das „himmlische Kind“. Er spekuliert geradezu auf ihn. Wenn seine leuchtend gelben Korbblüten (Foto oben) sich schließen, entstehen dekorative spitze Samenstände, denen die Pflanze ihren Namen verdankt, weil sie an den Bart eines Ziegenbocks erinnern.

Wenn die Samen reif sind, geht es schnell. Um 11:50 Uhr wagten sich am Rand erste mit Fallschirmen bestückte Samen hervor.

Um 13:55 Uhr öffnete sich das Körbchen. Es ist vollgepackt mit länglichen, schweren Samen. Damit sie fliegen können, hängt jeder Samen an einem extra großen, bis zu 4 cm breiten Fallschirm.

Um 15:35 Uhr waren alle zukünftigen Wiesen-Bocksbärte bereit zum Abflug. Die Fallschirme sind rau. Sie haften sich gerne an das Fell von Tieren und an die Kleidung von Gärtterinnen. Auf diese Weise können sie weitere Wege zurücklegen als mit dem Wind.

In der Nacht fing es an zu regnen. Das mochten die Fallschirme nicht. Sie klappten zusammen und fielen mit samt den Samen auf den Boden. Mir soll es recht sein. Dann blühen sie im nächsten Jahr wieder an der gleichen Stelle. Der Wiesen-Bocksbart ist einjährig. Er muss sich immer wieder aussähen, eben dort wo „der Wind, der Wind das himmlische Kind“ ihn hinträgt oder fallen lässt.
